Der Vorlesetag der Klasse 7 b mit Friedrich Brandl

Andreas Krestel, hat sich das Buch „Ziegelgassler“ gekauft – und hat am Wochenende schon 70 Seiten gelesen. „Ja, das ist schon spannend, weil Friedrich Brandl über seine Kindheit in den 1950er Jahren in Amberg erzählt. Damals gab es hier in der Ziegelgasse ganz einfach sehr viele Kinder – und die haben alle, das kann man sich angesichts des Verkehrs heute gar nicht mehr vorstellen – gespielt auf der Straße heraußen. Das war vor allem Fußball. Im Winter aber sind sie zur Kräuterwiese gegangen, die mit Wasser künstlich geflutet worden war und haben dort Eishockey gespielt.“ Was Andreas auch aufgefallen ist: Jungs und Mädchen haben Spiele gemacht, bei denen sie sich – räusper: sagen wir, räusper – intensiv kennenlernten. Jedenfalls bekam der kleine, vier- oder fünfjährige Fritz Ärger mit seiner Mutter, nachdem sie ihn beobachtet hatte, dass er nackt im Beisein eines Mädchens war. Andreas wiederum schien das so mitteilenswert, dass er’s sogar der Whatsapp-Gruppe unserer Klasse erzählt hat.

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Andreas Krestel hat sich eines der Exemplare gesichert, das Friedrich Brandl zu einem besonders günstigen Preis angeboten hat – und ist, nachdem er sich eingelesen hat, recht begeistert

Leon Zrenner ist der Ansicht: Heute kann sich niemand mehr – auch nicht kleine Kinder – ungestraft nackt auf der Straße zeigen. Auch wenn Deutschland das Ursprungsland von FKK (= Freikörperkultur) ist – mitten in der Ziegelgasse läuft heute niemand mehr ohne Kleidung herum.

Leon Zrenner findet es interessant, wie sehr sich das Leben der Menschen geändert hat, zwischen den 1950er Jahren und unserer Gegenwart

Leon Zrenner findet es interessant, wie sehr sich das Leben der Menschen geändert hat, zwischen den 1950er Jahren und unserer Gegenwart

Emilie Zimmermann hat in Erinnerung behalten, dass Friedrich Brandl beim Fußballspielen sogar einmal Skistiefel getragen hat – alte, schwere Schuhe, mit denen er als Verteidiger gefürchtet war. Emilie hat selbst mal Fußball gespielt und dabei selbstverständlich „Schleich“, also Fußballschuhe mit Stollen, getragen. Die gab es übrigens auch schon in den 1950er Jahren, weiß Lucas Donhauser: denn Adolf Dassler (der Gründer von adidas also, der zugleich der Bruder von Rudolf Dassler, dem PUMA-Gründer ist) hat solche mit Schraubstollen für die deutsche Fußballnationalmannschaft fürs WM-Turnier 1954 (bei dem Deutschland Weltmeister wurde – Wunder von Bern!) erfunden. Diana Karpenko erinnert sich an die beengten Wohnverhältnisse und auch daran, dass nur ein Raum geheizt war. Bei uns ist das nicht vorstellbar: Selbstverständlich heizen meine Eltern alle Räume unserer Wohnung. Auch gab es in der gesamten Wohnung nur einen Wasserhahn und nur einen Ofen, mit dem geheizt werden konnte, weshalb manchmal die Türen offen standen, damit es auch in anderen Räume warm wurde.

Emilie Zimmermann kann sich das gar nicht vorstellen, wie man mit Skistiefeln Fußball spielen - während Diana Karpenko großen Wert auf eine warme Wohnung legt!

Emilie Zimmermann kann sich das gar nicht vorstellen, wie man mit Skistiefeln Fußball spielen – während Diana Karpenko großen Wert auf eine warme Wohnung legt!

Lucas Donhauser weiß: Ohne Schraubstollen, kein Weltmeistertitel 1954 beim Regenfinale in Bern!

Lucas Donhauser weiß: Ohne Schraubstollen, kein Weltmeistertitel 1954 beim Regenfinale in Bern!

Die Ziegelgasse war auch nicht geteert wie heute – sie war gepflastert mit Steinen. Fabian Sobiella hat übrigens bemerkt, dass die Pflastersteine noch immer verlegt sind: An manchen Stellen, an denen die Teerdecke brüchig ist, kann man sie nämlich noch sehen. Und auch unterm Ziegeltor ist noch Pflaster zu sehen.

Unterm Teer der Ziegelgasse sind noch die alten Pflastersteine, weiß Fabian Sobiella!

Unterm Teer der Ziegelgasse sind noch die alten Pflastersteine, weiß Fabian Sobiella!

Der Unterschied zwischen katholischen und evangelischen Schülern hat damals noch eine sehr große Rolle gespielt, weiß Julius Rhode. Während heute der Religions-Unterricht allenfalls bei unterschiedlichen Lehrern stattfindet, waren damals sogar die Schulen nach der Konfession (also dem religiösen Bekenntnis) getrennt.

Julius Rhode wundert, dass die Frage, ob ein Kind „katholisch“ oder „evangelisch“ in den 1950er Jahren darüber entschieden hat, welche Schule es besucht hat

Julius Rhode wundert, dass die Frage, ob ein Kind „katholisch“ oder „evangelisch“ in den 1950er Jahren darüber entschieden hat, welche Schule es besucht hat

Emily Redman ist aufgefallen, dass es damals üblich war, in Läden aufschreiben lassen zu können. Das heißt: Wenn man kein Geld dabei hatte, dann hat der Ladeninhaber sich das notiert und man kam ein paar Tage später, um die Schulden zu begleichen. Freitags bekam Friedrich Brandls Vater immer sein Gehalt, sodass dann die Schulden im Laden wieder zurückbezahlt werden konnten.

Während heute Kreditkarten üblich sind, wundert sich Emily Redman darüber, dass man früher anschreiben lassen konnte im Laden!

Während heute Kreditkarten üblich sind, wundert sich Emily Redman darüber, dass man früher anschreiben lassen konnte im Laden!

Die 1950er Jahre waren auch das Jahrzehnt, in dem erstmals der Begriff „Teenager“ auftauchte, erinnert sich Jessica Hutzler. Das heißt: Als Friedrich Brandl dreizehn Jahre alt wurde, da war das für ihn ein ganz wichtiges Datum. Wie überhaupt die fünfziger Jahre mit dem Rock’n’Roll die Geburt der Jugendkultur erlebten.

Jessica Hutzler und Elvira Sivoplijasov mögen Elvis und Rock’n’Roll!

Jessica Hutzler und Elvira Sivoplijasov mögen Elvis und Rock’n’Roll!

Weshalb – so Elvira Sivoplijasov – Friedrich Brandl auch in einer von ihm mitgegründeten Band spielte, bei den „Lonely hot Boys“. Sie hatten auch ganz ungewöhnliche Instrumente: Sie erinnert sich, dass da neben Gitarre und Klavier beispielsweise ein selbstgebauter Bass mit Wäscheleinen als Saite oder ein Waschbrett als Rhythmusinstrument (das man, um es besser zu hören, mit Fingerhüten aus Metall bearbeitete). Elvira spielt zwar nicht in einer Band – aber weiß: Heute ist es vor allem der Computer, der wichtig ist fürs Musikmachen, sei es als Mischpult, sei es als Instrument.